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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 06.06.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 124/01
Rechtsgebiete: WEG, BGB
Vorschriften:
WEG § 21 Abs. 4 | |
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2 | |
WEG § 23 Abs. 4 | |
BGB § 242 |
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner, ein Ehepaar, sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus einer Wohnung im Erdgeschoss, einer Wohnung im ersten Stock und zwei Appartements im Dachgeschoss besteht. Der Antragstellerin gehört die Wohnung im ersten Stock; den Antragsgegnern gehören zu Miteigentum die Wohnung im Erdgeschoss und die zwei Appartements im Dachgeschoss (Wohnungen Nr. 3 und 4), von denen sie eines erst im Jahr 1998 erworben haben.
In der Teilungserklärung nebst Miteigentumsordnung vom 24.10.1990 sind den Eigentümern der Wohnungen im Erdgeschoss und im ersten Stock Sondernutzungsrechte an den Stellplätzen in der vorhandenen Doppelgarage und an Gartenanteilen, den Eigentümern der Appartements im Dachgeschoss Sondernutzungsrechte an je einem von zwei Kfz - Stellplätzen auf dem Grundstück eingeräumt. Lage und Umfang dieser Sondernutzungsrechte sind auf einem der Teilungserklärung beigefügten Ausschnitt aus der Flurkarte im Maßstab 1:1000 farbig gekennzeichnet. Die beiden Stellplätze für die Appartements im Dachgeschoss liegen zwischen der nördlich anschließenden Doppelgarage und der im Süden angrenzenden Gartensondernutzungsfläche für die Wohnung im ersten Stock, die der Antragstellerin gehört. Die beiden Stellplätze haben derzeit zusammen eine Breite von nur 3,73 m. An der Stirnseite der Stellplätze - an der Ostseite der Stellplatzfläche - befindet sich im Zaun des Anwesens die Tür für den Zugang zum Haus.
Die Antragsgegner verlangen seit einiger Zeit von der Antragstellerin die Mitwirkung oder zumindest Einwilligung zur Verbreiterung der Stellplatzfläche und zur Verlegung der Gartentüre. Beide Maßnahmen würden zu einer Verringerung der Gartensondernutzungsfläche der Antragstellerin führen.
Die Antragstellerin hat beim Wohnungseigentumsgericht im Juli 1999 zunächst die Feststellung beantragt, dass sie gegenüber den Antragsgegnern nicht verpflichtet sei, eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück dahingehend zu dulden, dass die vorhandene im Süden des Grundstücks bestehende Einfriedung verschoben wird.
In der Eigentümerversammlung am 18.8.1999 wurden folgende Beschlüsse gefasst:
1. Herstellung des zur Eigentumswohnung Nr. 4 gehörenden Kfz-Stellplatzes (in der Anlage zur Teilungserklärung - Lageplan - gelb ausgemalt, südlicher Stellplatz) und Tragung der Kosten für die Herstellung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft.
2. Verlegung des Hauszugangs im Rahmen der Herstellung des Stellplatzes in dem Bereich südlich der Stellplätze und Tragung der hierfür anfallenden Kosten durch die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Daraufhin hat die Antragstellerin am 24.8.1999 ihren Antrag erweitert und zusätzlich die Ungültigerklärung der beiden Eigentümerbeschlüsse beantragt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22.12.2000 die Anträge als unbegründet abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie nur noch die Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse weiterverfolgt hat, hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert, die Eigentümerbeschlüsse vom 18.8.1999 zu Tagesordnungspunkten (TOP) 1 und 2 für ungültig erklärt und die Kosten der ersten Instanz gegeneinander aufgehoben.
Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsgegner ihr Ziel weiter, die Anträge der Antragstellerin abzuweisen.
II.
Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegner erweist sich im Ergebnis als erfolglos.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die rechtzeitig gestellten Anträge auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse seien begründet. Der Beschluss zu TOP 2 sei wegen Verstoßes gegen § 23 Abs. 1 WEG unwirksam, da die Mehrheit einer Eigentümerversammlung nicht befugt sei, ein Sondernutzungsrecht teilweise zu beseitigen. Wenn der Hauszugang nach Vergrößerung der Stellplatzfläche auf die Südseite der Stellplätze verlegt werde, so werde der Zugang zum Haus in der Grundstücksfläche verlaufen, die der Wohnung der Antragstellerin als Sondernutzungsfläche zugewiesen sei. Zu einem solchen Eingriff sei die Mehrheit der Wohnungseigentümer nicht befugt. Der Eigentümerbeschluss zu TOP 1 sei ebenfalls unwirksam. Zwar stehe den Antragsgegnern entsprechend der Teilungserklärung grundsätzlich die Herstellung der Stell-Plätze zu. Die Geltendmachung des Sondernutzungsrechts an den Stellplätzen erfolge jedoch zur Unzeit und verstoße damit gegen Treu und Glauben. Durch die Schaffung der Stellplätze und die damit zusammenhängenden baulichen Veränderungen würde der bisherige Zugang zum Haus beseitigt, ohne dass ein weiterer Zugang bestehe. Vor Schaffung endgültiger Tatsachen durch Erstellung der Stellplätze entsprechend der Teilungserklärung bedürfe es einer Regelung für den künftigen Zugang zum Haus.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis, aber nicht in der Begründung der Überprüfung durch den Senat stand.
a) Der Eigentümerbeschluss vom 18.8.1999 zu TOP 1 ist nicht schon deshalb für ungültig zu erklären, weil seine Durchführung dazu führt, dass die derzeit von der Antragstellerin genutzte Gartenfläche verkleinert wird. Die Antragsgegner haben nämlich einen Anspruch auf Verbreiterung der Fläche für die Kfz-Abstellfläche nach Süden zu Lasten dieser Gartenfläche.
§ 21 Abs. 4 WEG gibt jedem Wohnungseigentümer einen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung. Dazu gehört nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG auch die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums. Darunter fällt nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BayObLG NJW-RR 1989, 1293; ZMR 1995, 87 und 1998"647) und allg. Meinung auch die erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen Zustands des gemeinschaftlichen Eigentums. Was der ordnungsmäßige Zustand ist, ergibt sich nicht nur aus der Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung und Aufteilungsplänen, sondern auch aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften, etwa über die Anlage eines Kinderspielplatzes (BayObLG ZMR 1998, 647/648) oder von Kfz-Stellplätzen.
Da im vorliegenden Fall der der Teilungserklärung beigefügte Lageplan, in dem die Sondernutzungsflächen farbig eingezeichnet sind, den Vermerk trägt: "Zur Maßentnahme nur bedingt geeignet", kann zur Bestimmung der Grenze zwischen der Fläche für die zwei Kfz-Abstellplätze und der Gartensondernutzungsfläche der Antragstellerin nicht entscheidend auf diesen Plan zurückgegriffen werden. Vielmehr muss die wörtliche Beschreibung der Sondernutzungsflächen in Nr. 1 Abs. 2 der Miteigentumsordnung herangezogen werden. Danach stehen den Eigentümern der Appartements im Dachgeschoss das Sondernutzungsrecht an je einem Kfz-Stellplatz zu. Angesichts des Umstands, dass die Miteigentumsordnung nichts Näheres zur Ausdehnung der Kfz-Stellplätze sagt, kommt es letztlich auf die öffentlichrechtlichen Anforderungen an einen Stellplatz an. Hierzu enthält das vom Landgericht angeforderte Schreiben der zuständigen Kommunalbehörde vom 24.4.2001 die erforderlichen Angaben. Danach ist von einer Mindestgröße von 5,00 m x 2,30 m pro Stellplatz auszugehen. Die Behörde wäre im vorliegenden Fall auch mit einer Breite von je 2,15 m einverstanden, wenn der Zugang zum Haus südlich der Abstellplätze in den von der Antragstellerin genutzten Garten verlegt würde. Dies würde aber bedeuten, dass die Begrenzung zwischen Stellplätzen und Gartenfläche durch eine Sockelmauer nebst Zaun um ca. 1,50 m nach Süden verlegt werden müsste (2 x 2,15 + 0,90 - 3,73 1,47). Demgegenüber müsste bei einer Verbreiterung der Stell-Plätze auf je 2,30 m und der Beibehaltung des derzeitigen Zugangs die Begrenzung nur um ca.0,90 m nach Süden verschoben werden (2 x2,30 - 3,73 = 0,87).
Auf Verwirklichung dieser zweiten Alternative hätten die Antragsgegner einen Anspruch aus § 21 Abs. 4 WEG. Ein Eigentümerbeschluss mit diesem Inhalt würde einer inhaltlichen Überprüfung standhalten. Die Antragstellerin muss diese Alternative aber auch deshalb dulden, weil ihr negativer Feststellungsantrag vom Juli 1999 vom Amtsgericht rechtskräftig abgewiesen wurde und damit das Gegenteil, nämlich ihre Duldungspflicht, rechtskräftig feststeht (BGH NJW 1995, 1757).
b) Die Eigentümerbeschlüsse vom 18.8.1999 zu TOP 1 und 2 sind aber unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit dem materiellen Recht deshalb unwirksam, weil ihr Inhalt zu unbestimmt ist. Dass ein Eigentümerbeschluss nur dann gerichtlicher Überprüfung standhält, wenn er inhaltlich klar ist und eine bestimmbare Regelung enthält, entspricht allgemeiner Meinung,(BGHZ 139, 288/295; Staudinger/Bub WEG 23 Rn. 256; Merle in Bärmann/ Pick/Merle WEG 8. Aufl. § 23 Rn. 42). Daran fehlt es hier. Dem Beschluss zu TOP 1 lässt sich nicht entnehmen, in welcher Breite der Kfz-Abstellplatz hergestellt werden soll. Das Protokoll enthält außer dem Wortlaut der Eigentümerbeschlüsse keine näheren Angaben zu diesem Punkt. Umstände außerhalb des Protokolls können zur Auslegung der Eigentümerbeschlüsse nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGHZ 139, 289/292). Das ist hier nicht der Fall. Bei Durchführung des Beschlusses zu TOP 2 müssten notwendigerweise zur Schaffung eines Durchgangs entweder der Kfz-Stellplatz oder die Gartenfläche verkleinert werden, also dem jeweiligen Sondernutzungsberechtigten das alleinige Nutzungsrecht teilweise entzogen werden. Dies kann nicht Gegenstand eines Eigentümerbeschlusses sein (BGH NJW 2000, 3500).
3. Es entspricht billigem Ermessen (§ 47 WEG), dass die im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolglosen Antragsgegner die Gerichtskosten tragen. Angesichts der von Instanz zu Instanz unterschiedlichen Hauptsacheentscheidungen besteht hingegen kein Anlass, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.
Die mit dem Landgericht übereinstimmende Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Ende der Entscheidung
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